Mord verjährt nicht

Mit der 9c auf den Spuren von heute noch lebenden NS-Tätern.

Dass Mord nicht verjährt, ist heute in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Doch das war nicht immer so. Lange galt für Verbrechen wie beispielsweise Beihilfe zum Mord eine Verjährungsfrist von 15 Jahren, für Mord selbst eine Frist von 20 Jahren. Als sich 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Frage stellte, ob auch nationalsozialistische Verbrechen verjähren dürfen und wenn ja, wann, wurde im deutschen Bundestag heiß debattiert. Das Ergebnis: Paragraph 78 des Strafgesetzbuches, in dem es heißt:

„Verbrechen nach §211 (Mord) verjähren nicht.“

Deshalb hat die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg seit 60 Jahren den Auftrag, Vorermittlungen zu nationalsozialistischen Verbrechen zu führen. Die Mitarbeiter*innen des Bundesarchivs sind weltweit unterwegs, um Unterlagen zu sichten, zu sammeln und auszuwerten. Ziel der Ermittler aus Ludwigsburg ist es, auch heute noch lebende Täter und Gehilfen der massenhaften Morde ausfindig zu machen und ihnen den Prozess zu machen.

Neben dieser Kernaufgabe verfolgt das Bundesarchiv aber noch eine zweite Aufgabe: Schüler*innen lernen hier durch die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Unrechts- und Terrorherrschaft an ausgewählten Beispielen die Prinzipien unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verstehen. Im Mittelpunkt steht die Arbeit mit authentischem Archivgut, das durch einen erfahrenen Lehrer pädagogisch-didaktisch aufbereitet wurde. Die Klasse 9c hatte so vor Weihnachten die Gelegenheit, in einem halbtägigen Workshop den Gang eines Ermittlungsverfahrens nachzuverfolgen und durchzuspielen, wie die strafrechtliche Würdigung eines sog. NS-Verbrechens erfolgt. Mithilfe von Originalakten aus den Ausschwitzverfahren setzten sie sich mit dem Fall des ehemaligen Gestapo-Mitarbeiters Wilhelm Boger auseinander, der in Auschwitz in der politischen Abteilung Referatsleiter war und zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortete.

Die Schüler*innen arbeiteten sich anderthalb Stunden durch Beweise, Zeugenaussagen und weitere historische Quellen, die Aufschluss über die Schuld oder Unschuld Bogners gaben. Anschließend stellten sie einander ihre Ermittlungsergebnisse in der Rolle von Staatsanwaltschaft, Be- oder Entlastungszeugen vor und fällten am Ende ein begründetes Urteil.

Ihr Fazit zu dem Angebot des Bundesarchivs: Super spannend, total realitätsnah und eine besondere Erfahrung. Übrigens: In dem an das Amtsgebäude angrenzenden historischen Schorndorfer Torhaus präsentiert das Bundesarchiv seit dem 18. September 2004 die Dauerausstellung "Die Ermittler von Ludwigsburg" über die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen in Deutschland. Die Ausstellung veranschaulicht die Phasen der Aufarbeitung , zeigt die Herausforderungen, Schwierigkeiten, aber auch Leistungen bei der Verfolgung der nationalsozialistischen Verbrechen.

Autor: Königin Katharina Stift

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