„Ich glaube nicht an das Überarbeiten!“ - eine Begegnung mit dem Schriftsteller Arno Geiger

Am 20.9.2018 hatten 5 Schülerinnen und Schüler unserer Schule die Gelegenheit für ein exklusives Gespräch mit dem Schriftsteller Arno Geiger, dessen Roman „Unter der Drachenwand“ im Rahmen der Aktion „Stuttgart liest ein Buch“ mit vielfältigen Aktionen und Veranstaltungen gewürdigt wurde.

Das Zusammentreffen mit den Schülern des KKSt und einer Schülerin des Neuen Gymnasiums Feuerbach bildete für Arno Geiger den Abschluss der Aktionswoche, für die Schülerinnen und Schüler war es ein besonderes Erlebnis in kleinem, fast schon intimem Rahmen mit einem Schriftsteller vom Range Arno Geigers zusammenzutreffen und mit ihm zu sprechen.

Vorausgegangen war dem Gespräch ein zweitägiger Workshop an den letzten Projekttagen, wo sich die Gruppe mit Frau von Vacano und Herrn Rettich im Stadtarchiv Stuttgart mit ähnlichen Quellen auseinandergesetzt und beschäftigt hat, wie sie auch von Arno Geiger bei der Recherche zu seinem Roman verwendet wurden.

Auf Einladung von Herrn Dr. Günter Riederer vom Stadtarchiv Stuttgart fand nun der zweite Teil des Workshops in Form eines Werkstattgespräches mit dem Schriftsteller statt. Arno Geiger erzählte dabei sehr offen und sehr intensiv von seinem Leben als Schriftsteller, von den erfolglosen Anfangsjahren und davon, wie er in langen Jahren zu einem Schriftsteller gereift ist, der jetzt in der Lage wäre, sehr gute Bücher zu schreiben. Unsere Schülerinnen und Schüler interessierten sich auch sehr für die Art und Weise, wie ein Roman zustande kommt, wie recherchiert und wie geschrieben wird. Arno Geiger stellte dies am Beispiel des Entstehungsprozesses seines Romans „Unter der Drachenwand“ beeindrucken dar. Für diesen preisgekrönten Roman hat der Autor 10 Jahre lang recherchiert, ehe er ihn dann in nur 5 Monaten quasi „in einem Wurf“ niedergeschrieben hat. Dabei erzählte er auch davon, wie seine Figuren und Charaktere während dieses Prozesses quasi lebendig wurden, wie sie ein Eigenleben entwickelten, das er dann aufzuschreiben gehabt habe. Die Voraussetzung dafür, so Arno Geiger, sei die Fähigkeit, sich in die Charaktere hinein zu fühlen, denn „ohne Zuneigung erfahre ich nichts von meinen Personen, ohne Neugier verschließt sich die Figur“, so der Schriftsteller.

Sehr interessant war auch seine Antwort auf die Frage, was er davon halte, dass man Texte überarbeiten solle. „Ich glaube nicht an das Überarbeiten“, sagte Arno Geiger, ein Kunstwerk müsse im ersten Schritt entstehen, ansonsten wäre es am Ende bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Arno Geiger umschrieb es so: „Überarbeiten, das ist das Gesicht von Michael Jackson.“

Auf die Frage, welches die größten Fehler beim Schreiben wäre, antwortete er sehr rasch: „Selbstverliebtheit“. Das Kunstwerk und die Literatur müssten im Zentrum des Schreibens stehen, nicht das eigene Ego. Und als Tipp fürs Schreiben empfahl er, dass man keine zu komplexen Sätze entwerfen solle: „Man darf nicht zu viel in einen Satz hineinpacken. Ihn stehen lassen. In den Satz vertrauen. Dann den nächsten schreiben.“

Am Ende waren wir erstaunt, wie schnell die zwei Stunden vergangen waren. Die Begegnung machte Lust darauf, sich intensiver mit dem Werk von Arno Geiger, aber auch mit dem eigenen Schreiben auseinander zu setzen. Dass sich beides gegenseitig bedingt und befruchtet, machte der Schriftsteller zum Abschluss deutlich, denn „Lesen“, so sagte er, „ist die Grundvoraussetzung für das Schreiben.“

Autor: Königin Katharina Stift

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